öffentliche Gemeinderatssitzung, 03.05.05

Einer von mehreren Punkten auf der Tagesordnung war das Thema Mobilfunk.
Wegen dieses Themas, angeregt durch die Unterschriftenaktion, fanden sich ca. 30 Besucher ein. Zwar wurde das als Rekord erwähnt, doch angesichts der Einwohnerzahl bedeutet dies noch ziemliche Trägheit der Reichertshofener.

In einer disziplinierten Diskussion unter der gekonnten Führung des Bürgermeisters zeigten die Gemeinderäte einen unterschiedlichen Informationsstand und eine unterschiedliche Interpretation vergangener und aktueller Vorgänge und Fakten die sich weitgehend an der Parteizugehörigkeit orientierte.
Frau Schembera und Bgm. Westner zeigten innerhalb des Gemeinderates den besten Kenntnisstand um das Thema. Eingeladen war Prof. Käs als Experte.

Inhaltliche Schwerpunkte:
Bgm. Wester: - Feuerwehrhaus, Rathaus, Sportplatz als vorherige Standortvorschläge für Sendemasten von Mobilfunkunternehmen abgelehnt.
  - Baurecht ist allein entscheidend, Gesundheitsrecht zählt nicht
    Die von der Regierung festgelegten Grenzwerte machen Gemeinden weitgehend handlungsunfähig
  - neuer Standortvorschlag Privatgrundstück Nähe Marktmühle
Frau Schembera: - Antrag neue Messungen, da das Mobilfunkkataster veraltet sei, durch einen weiteren Gutachter
  - Antrag Erstellung eines Standortkonzepts nach dem Vorbild Gräfelfing
  - Antrag Standort "Wasserhäusel" als Vorschlag da mit weit reichenden Sektorantennen ("neue Technologie", vorgeführt in Oberstimm mit Sendemast in Ingolstadt) existiere und der Standort über 400m vom nächsten Wohnhaus entfernt ist
  - Antrag "runder Tisch" mit den Mobilfunkbetreibern nach Beispiel anderer Gemeinden
  - Anzahl Unterschriften "keine Mobilfunkantenne im Wohngebiet": 435
Herr Felber: - die Gemeinde als bedeutender Grundstückseigner im Ort soll eigene
Grundstücke zur Verfügung stellen.
Herr Link: - es ist drängend notwendig, heute einen akzeptablen Standortvorschlag zu verabschieden. Ein unakzeptabler Vorschlag kann die nächste Antenne im Wohngebiet bewirken
Dr. Baur - Luftbildaufnahme zur Beurteilung des Standorts nähe Marktmühle


Die Anträge von Frau Schembera kamen nicht zur Abstimmung. Sie wurden in der Bewertung durch Prof. Käs und Bgm. Westner vorab abgelehnt. Verabschiedet wurde mit großer Mehrheit der von Bgm. Westner ausgehandelte neue Standort als Vorschlag an die Mobilfunkbetreiber Vodafone und O2. Aufgrund Ihrer eigenen Argumentation stimmten Frau Schembera und Herr Felber hier nicht zu.

Stellungnahme
Jedoch erhebt sich die Frage, warum der Standort "Wasserhäusel" nicht auch als zweite Alternative angeboten wird. Ob von der Gemeinde nicht angeboten oder von den Betreibern abgelehnt bleibt sich gleich. Unstrittig ist, dass Betreiber unterschiedliche Antennentypen haben, da die Versorgungtechnik den unterschiedlichen Landschaften, Ortsgrößen und Stadtbildern angepasst wird. Und man hätte sich so die Chance offengehalten, dass wider Erwarten die "Sektorantenne" zum Einsatz gekommen wäre.
Der von Bgm. Westner verhandelte Standort in unmittelbarer Nähe des bisherigen Standorts Marktmühle erscheint sehr chancenreich.
Auffallend waren einige Aussagen von Prof. Käs:

- Beim von Frau Schembera wiederholt geforderten Standortgutachten durch ein Ingenieurbüro nach Vorbild Gräfelfings äussert er einen Kostenrahmen von 50.000.- bis 100.000 Euro für Reichertshofen. Er muss dann jedoch aktzeptieren dass in Wirklichkeit nur 2-3 Euro pro Einwohner zu veranschlagen sind.
- Er bezeichnet u.a. das Modell Gräfelfing als "Luftnummer", obwohl es funktioniert. Ein Anruf bei der Gemeindeverwaltung in Gräfelfing zeigt auch diese Beurteilung durch die Verantwortlichen dort.
- Er spricht sich aufgrund der Entfernung gegen den Standortvorschlag "Wasserhäusel" aus, weil dieser von den Mobilfunkanbietern abgelehnt würde aus Entfernungsgründen. Jedoch war Frau Schembera kürzlich selbst Zeuge einer UMTS-Präsentation in Oberstimm mit Sender in Ingolstadt - größere Entfernungen sind also technisch möglich. Dies wird auch von neutraler Expertenseite ausdrücklich bestätigt.
- Er diskreditiert aus "wissenschaftlichen" Gründen die Naila-Studie obwohl diese extrem aufwändig und ausgewogen war. Diese hat Frau Schembera zur Unterstützung Ihrer Forderung nach "400m vom nächsten Wohnhaus" angeführt.

Stellungnahme

Prof. Käs erweckte damit den Eindruck nicht als neutraler, nur beratender Sach-Experte sondern vielmehr als Unterstützer einer Linie bzw. Diskussionsführer zu agieren.

Jedoch zeigte ein Telefongespräch mit Prof. Käs am 12.05.05:
Prof. Käs agiert als parteineutraler Sach-Experte. Er war offen gegenüber Kritik, begründete seine Standpunkte verständlich. Er hatte auch die Ehrlichkeit zuzugeben, dass er durch vorhergehende Dinge an jenem Abend gestresst war. Er geht davon aus, dass die Mobilfunkbetreiber in Problemfällen die für sie kostengünstigere Alternative wählen.

Der Schwerpunktkataster Mobilfunk aus dem Jahre 2001 war ein definierter Auftrag an den er gebunden war. Normen bestimmen Messdetails (im Freien, Höhe über Boden). Für Messungen innerhalb von Gebäuden muss Einverständnis und Auftrag der Bewohner vorliegen. Er empfiehlt, dass betroffene Personen selber Schutzmaßnahmen ergreifen sollten.