München

Die Stadt versucht, die Belastung der Münchner durch Mobilfunk-Strahlung zu verringern, indem sie es den Netzbetreibern erlaubt, die Masten künftig bevorzugt auf städtischen Gebäuden zu errichten. Der Umweltschutzausschuss beschloss gestern fast einstimmig das Münchner Vorsorgemodell für Handymasten auf städtischen Liegenschaften.
Kernpunkt des neuen Modells ist eine Immissionsprognose in Form eines 3D-Modells, die von den Netzbetreibern vorgelegt werden muss. Sie sollen ihre Handymasten nur dann auf ein städtisches Gebäude setzen dürfen, falls diese Prognose beweist, dass dadurch die Strahlung für die Anlieger und die Nutzer des städtischen Objekts minimiert wird.
Voraussetzung dafür ist, dass das Gebäude die umliegende Bebauung deutlich überragt.

Interessant ist, dass die Modelle relativ kleiner Gemeinden wie Gräfelfing oder Attendorn in den Diskussionen der Großstädte Berücksichtigung finden. So kommt im Stadtratbeschluss zum Münchener Vorsorgemodell nach Nürnberg, Duisburg, Düsseldorf, Augsburg, Paris eben dann direkt Gräfelfing in echter Ausführlichkeit:
Auszüge aus dem Münchener Stadtratbeschluss, veröffentlicht am 02.07.03 http://www.muenchen.de/........04_vorsorge_schutz/strahlen/pdf/b_vorsorgemodell_2003.pdf,

Nürnberg
Das Engagement der Stadt Nürnberg im Konfliktfeld Mobilfunk sieht die folgenden Schwerpunkte vor:
- Frühzeitige und transparente Information der Öffentlichkeit im Internet über geplante   Standorte und durch das Mobilfunkkataster
- Verpflichtung der Mobilfunkbetreiber zur Berücksichtigung von sensiblen Einrichtungen im Umfeld geplanter Sendestandorte und gemeinsame Suche nach möglichen Alternativen bei kritischer Nähe
- bei Bürgerprotesten gegen geplante Standorte in Wohngebieten am Runden Tisch nach konsensfähigen  Lösungen suchen
- in schwierigen Konfliktfällen Erstellung einer Immissionsprognose durch Fachgutachter
- Bereitstellung von städtischen Liegenschaften, um in Konfliktfällen ungünstigere Standortalternativen zu vermeiden.

Duisburg

Im Beschluss des Umweltschutzausschusses vom 05.12.02 wurde das Modell der Stadt Duisburg bereits vorgestellt. Der Vollständigkeit halber wird das Konzept noch einmal erläutert:
- Auch Orte sensibler Nutzung sollen als Standort für Antennen genutzt werden
- Verringerung der Bestrahlung auf 1/10 der Grenzwerte für die Feldstärken durch entsprechende  Positionierung der Antenne im Umfeld
- Bevorzugung von städtischen Gebäuden als Antennenstandorte
Anmerkung des Verfassers:
(Die Duisburger stellen die Mobilfunk-Antennen gerade in sensiblen Bereichen auf, nämlich direkt auf Kindergärten, auf Altenheime und Krankenhäuser, auf Schulen etc. weil unter den Masten die Belastung geringer ist als neben einem Masten)

Düsseldorf
In Düsseldorf soll versucht werden, den Netzbetreibern und der Kommune die Standortsuche zu erleichtern, wobei kommunale Gebäude bevorzugt unter Beachtung von Standortkriterien genutzt werden sollen.
- Keine Bündelung von Sendeanlagen in städtischen Gebieten mit einer hohen Wohnsiedlungs- und Arbeitsplatzdichte
- Bündelung von Sendeanlagen auf Sendemasten in schwach besiedelten Außenbereichen
- neue Sendeanlagen sollen einen Abstand von 100 m zu sensiblen Nutzungen (insb. Grundschulen, Kindertagesstätten und Kindergärten) einhalten
- gesonderte Definition freizuhaltender Flächen (z. B. in den Rheinauen) durch die Kommune

Augsburg

Die Stadt Augsburg will mit den Mobilfunkfirmen eine Vereinbarung zum Ausbau der Mobilfunknetze treffen. Der Vereinbarung liegt bislang im Entwurf vor und wird nach Auskünften von Betreibern in der vorliegenden Form auch nicht unterzeichnet werden. Sie enthält folgende Eckpunkte:
- Keine Mobilfunksendeanlagen auf Schulen, Kindergärten und Krankenhäusern
- Einhaltung des Denkmalschutzes, Rücksichtnahme auf das Stadtbild insbesondere im Ensemblebereich
- Mehrfachnutzung geeigneter Standorte ist anzustreben
- Festlegung von Suchkreisen im Konsens
- Zusammenarbeit bei der Information der Öffentlichkeit
- Bereitstellung geeigneter städtischer Liegenschaften
- Einhaltung von Vorsorgewerten in Wohngebieten, Schulen, Kindergärten und Krankenhäusern; eine elektrische Feldstärke von 5 % des Grenzwertes der 26. BImSchV darf in den zum dauernden Aufenthalt bestimmten Räumen nicht überschritten werden; rechnerischer Nachweis vor Inbetriebnahme sowie gelegentliche Kontrollmessungen auf Kosten der Netzbetreiber.

Paris

Das aktuellste Beispiel für städtische Einzellösungen sind die Vereinbarungen der Stadt Paris mit den 3 französischen Mobilfunkunternehmen,die laut einer gemeinsamen Pressemeldung der Stadt Paris und der 3 französischen Mobilfunkunternehmen (Anlage 3 und 4) noch im März in der "Pariser Charta" fixiert werden sollen:
- Verbesserte Integration der Sendeanlagen in das Stadtbild
- Information und Beratung; Gründung einer Beratungskommission, Information der Stadtbezirke, Information der Bevölkerung über die Feldstärken im Nahbereich der Sendeanlagen (Grundlage dafür ist eine jährliche Feldstärkenbewertung von 600 Sendeanlagen durch einen unabhängigen Gutachter)
- Garantie für ein niedriges Belastungsniveau unter Berücksichtigung des künftigen Netzausbaus incl. UMTS (Anm.: Zielwerte bleiben offen)
- Erstellung eines Immissionskatasters; in Übereinstimmung mit einer nationalen Studie soll das Kataster bestätigen, dass in städtischen Bereichen niedrige Expositionsraten (in vielen Fällen um den Faktor 10 unter den zulässigen Werten) auftreten.
Die im Internet einer französischen Vereinigung gegen Mobilfunk getroffenen Aussagen hinsichtlich verbindlicher niedriger Grenzwerte werden in dieser Pressemeldung nicht bestätigt.

Gräfelfing
Große Aufmerksamkeit wird derzeit der "integrierten kommunalen Mobilfunkplanung" der Münchner Nachbargemeinde Gräfelfing zuteil. Die Gemeinde Gräfelfing hatte im Jahr 2000 ein Ingenieurbüro damit beauftragt, ein vorsorgeorientiertes Standortkonzept für Mobilfunksendeanlagen im Gemeindegebiet zu entwickeln. Die Auftragskriterien sollten dabei sein:
- Leistungsflussdichte (Outdoorwert) im Bereich der Wohnbebauung und sensibler Bereiche von 1 mW/m² - keine Realisierung von Mobilfunkstandorten in reinen oder allgemeinen Wohngebieten
- gemeinsame Standortnutzung durch die Mobilfunkbetreiber
- Sicherstellung einer Mobilfunkgrundversorgung im Gemeindegebiet (Empfang im Outdoor-Bereich und im oberirdischen Indoor-Bereich soll gewährleistet sein)

Das Ingenieurbüro hat die Untersuchung inzwischen abgeschlossen. Die Ergebnisse zeigen, dass eine flächendeckende Mobilfunkversorgung ohne Standorte in Wohngebieten und bei Einhaltung eines Vorsorgewertes für die Leistungsflussdichte von 1 mW/m² möglich ist. Es handelt sich hier um insgesamt 14 Standorte. Der Gräfelfinger Gemeinderat hat das Standortgutachten bereits gebilligt und dessen Umsetzung beschlossen. Dabei sind folgende Schritte geplant:
- Ausweisung der konzeptverträglichen Mobilfunkstandorte im Flächennutzungsplan sowie den Bebauungsplänen
- Verhandlungen mit den Netzbetreibern, um die konzeptverträglichen Standorte umzusetzen sowie bestehende kritische Sendeanlagen abzubauen
- Verhandlungen mit den Eigentümern künftiger Standortgrundstücke zur Sicherung langfristiger Nutzungsrechte

Fazit

Alle genannten Modelle haben trotz der zum Teil sehr unterschiedlichen Lösungsansätze Eines gemeinsam: 
das Hauptziel ist eine Minimierung der Strahlenbelastung für die Bevölkerung. 
Im Gegensatz zu den Vereinbarungen, Selbstverpflichtungen oder Pakten auf Bundes- oder Landesebene berücksichtigen diese Modelle zum Teil auch die spezifischen Besonderheiten in den Städten und Gemeinden. Deshalb können die einzelnen Modelle auch nicht so ohne Weiteres für München übernommen werden. Am Beispiel des Standortkonzepts der Gemeinde Gräfelfing wird dies besonders deutlich. Allein der finanzielle Aufwand unterscheidet sich um ein Vielfaches. Den Angaben des Ingenieurbüros zufolge beträgt der durchschnittlichen Pro-Kopf-Aufwand für seine Leistungen 2-3 Euro/Einwohner. Hinzu kommt, dass die funktechnischen und strukturellen Gegebenheiten in Gräfelfing und München nicht vergleichbar sind. Die Anlagenzahlen verdeutlichen dies besonders. Das Gräfelfinger Standortkonzept wurde für 15 Standorte entwickelt. In München werden derzeit ca. 790 Standorte mit über 6000 Einzelanlagen betrieben. Inhomogene verdichtete Siedlungsstrukturen, fehlende Freiräume im Außenbereich, hohes Gesprächsaufkommen sind weitere Faktoren, die es fast unmöglich erscheinen lassen, dass ein solches Standortkonzept für München entwickelt werden kann.